Anton hat ein paar Briefe in die Post zu geben. Der Briefkasten steht neben der Paketstation vor der Konsum-Kaufhalle „Am Vorwerk“. Es ist richtiges Mai-Wetter, leichter Wind, ein paar Wölkchen, die Sonne scheint. Und erst das Licht! Toll!
Anton holt sein Fahrrad aus dem Keller und fährt los. Er wirft seine Briefe in den Kasten und überlegt. Er sucht die Kaufhalle selten auf. Es verbinden sich schlechte Erinnerungen mit ihr. Und sie ist ziemlich teuer, bestimmt teurer als Antons Lieblingssupermarkt. Aber dann stellt er sein Fahrrad ab und schließt es an. Er schlendert durch die Regalreihen und schaut. Schließlich kauft er zwei Flaschen Bier einer Marke, von der er geglaubt hatte, die gäbe es gar nicht mehr und ein Glas Rillettes. Das ist ein Brotaufstrich, eine französische Spezialität aus Gänse- oder Schweinefleisch, und Anton hat ihn in Paris kennengelernt. Seitdem liebt er den Brotaufstrich, und er hat ihn auch schon selbst hergestellt. Anton geht an die Kasse. Vor ihm eine ältere Dame, jedenfalls ist sie älter als Anton selbst.
„Elfeurozweenachddsch“, sagt die Kassiererin.
Die Dame kneift die Augen zusammen und kramt in ihrem Portemonnaie. Dann holt sie einen Zehneuroschein heraus und reicht ihn der Kassiererin.
„Wieviel, saachd’n Sie?“.
„Noch een Euro zweenachddsch.“
Die Dame kneift noch einmal die Augen zusammen und kramt im Münzenfach. Vergeblich. Dann hält sie der Kassiererin das Portemonnaie hin auf daß sie sich selbst bediene. Anton haßt das wie die Pest.
„Woh‘ geene Brille midd, hä?“ sagt er bissig.
„Unn? Wennse hier rundorrfälld unn gabudd gehd? Was habbsch’n dardorrvon?“, antwortet die Dame aufgebracht.
„Da gännse doch goar nich das Vorrfallsdadum lesen!“
„Das wär’sch dann schonn ärschendewie märgen!“
Wo sie recht hat, hat sie recht, denkt Anton, und er hält die Klappe.
(c) Bernd Mai 2014